Wir fordern die Verankerung von «Nur Ja heisst Ja» Im Gesetz. Jede sexuelle Handlung ohne Zustimmung ist als Vergewaltigung anzuerkennen. Das Gesetz muss unser Recht auf sexuelle Selbstbestimmung effektiv schützen.
Sexualisierte Gewalt ist in der Schweiz extrem weit verbreitet: Jede fünfte Frau war schon selber betroffen. Personen aus marginalisierten Gruppen, insbesondere nicht-weisse Frauen, Frauen mit Behinderung, sowie trans und intergeschlechtliche Personen sind noch um ein Vielfaches stärker gefährdet. Obwohl diese massiven Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung extrem häufig vorkommen, bleiben sie in der Schweiz meist straflos. Grund dafür ist auch unser veraltetes Sexualstrafrecht.
Heute gilt nur ungewolltes vaginales Eindringen bei einer «Person weiblichen Geschlechts» als Vergewaltigung und das nur, wenn sie z. B. durch physische Gewalt oder Drohung dazu gezwungen wurde.
Die Realität sexualisierter Gewalt sieht ganz anders aus, als das im Gesetz abgebildet wird: Erstens können Personen unabhängig von Geschlecht Opfer von Vergewaltigung werden. Zweitens ist auch ungewolltes orales und anales Eindringen als Vergewaltigung einzustufen. Drittens ist nicht der Zwang, sondern die fehlende Zustimmung bei einer Vergewaltigung das entscheidende Kriterium. Dazu kommt, dass die natürliche körperliche Reaktion bei sexualisierter Gewalt eine Art Schockzustand ist. Täter*innen müssen die Betroffenen nur selten mit physischer Gewalt, Drohung oder anderen Mitteln zum Geschlechtsverkehr zwingen.
Das Sexualstrafrecht muss die Realität sexualisierter Gewalt endlich anerkennen! Wir fordern die Neudefinition von Art. 190 Vergewaltigung nach dem Grundsatz «Nur ja heisst ja»: Jede sexuelle Handlung ohne Zustimmung ist als Vergewaltigung (Art. 190) anzuerkennen und zwar unabhängig von Geschlecht und Körper der betroffenen Person. Nur so kann das Sexualstrafrecht das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung effektiv schützen.
Die Revision des Sexualstrafrechts ist bereits fortgeschritten. Vier Jahre lang haben wir gemeinsam mit der feministischen Bewegung für einen besseren Schutz der sexuellen Selbstbestimmung gekämpft. Der Einsatz hat sich gelohnt! Der aktuell mehrheitsfähige Gesetzesentwurf stellt einen historischen Fortschritt dar.
Erstens sind Zwang und Gewalt keine Voraussetzung mehr für das Anerkennen einer Vergewaltigung. Die explizite, implizite, verbale oder nonverbale Ablehnung (inklusive Schockstarren) reicht, um den Tatbestand der Vergewaltigung zu erfüllen. Zweitens ist die Vergewaltigungsdefinition endlich geschlechtsneutral, und drittens ermöglicht die Revision die Einführung von Täter:innenarbeit für Verurteilte.
Mit dem erneuten Entscheid des Ständerats für eine Formulierung im Sinne von «Nein heisst Nein» lässt sich das ursprüngliche gesetzte Ziel der Revision zwar nicht mehr erreichen. Doch die vorliegende Revision verbessert den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung massgeblich. In der gemeinsamen Erklärung von 39 Fachstellen und feministischen Organisationen kannst du nachlesen, weshalb wir den aktuellen Gesetzesentwurf unterstützen.
Das war erst der Anfang! Aufbauend auf dieser Revision können wir den Kampf für „Nur Ja
heisst Ja“ in Zukunft weiterführen. Zudem hat für uns die Umsetzung der Istanbul-Konvention weiterhin politische Priorität.