Während in Bereichen wie dem Militär Milliardenbeträge aufgestockt werden, soll bei der Opferhilfe, der Gesundheit und der Altersvorsorge penibel abgebaut werden – auf Kosten der Frauen. Die vorgesehenen Kürzungen treffen insbesondere jene, die bereits heute strukturell benachteiligt sind, und bremsen die ohnehin schleppenden Fortschritte in der Gleichstellung weiter aus. Statt endlich in Care-Arbeit, Schutz vor Gewalt und soziale Absicherung zu investieren, geht der Bundesrat in die völlig falsche Richtung.
Der von Bundesrätin Karin Keller-Sutter und dem Finanzdepartement vorangetriebene Kürzungskurs ist ein Angriff auf die Fortschritte und Ziele der Gleichstellung. Die Abbaumassnahmen treffen insbesondere Haushalte mit niedrigem Einkommen, unter denen Frauen überproportional vertreten sind. Besonders betroffen sind Studentinnen, Rentnerinnen, Migrantinnen und Betroffene von Gewalt, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind.
Dabei befindet sich die Schweiz in einer sehr guten finanziellen Lage: Die konsolidierte Rechnung 2024 weist einen Überschuss von 11,3 Milliarden Franken aus – ein Drittel mehr als im Vorjahr. Trotzdem wird mit dem Entlastungspaket ausgerechnet in jenen Bereichen gespart, die zentrale Voraussetzungen für Gleichstellung schaffen: bei der AHV, den Prämienverbilligungen, der Bildung und dem Schutz vor Gewalt. Diese Kürzungen sind nicht nur unsozial, sie widersprechen auch den internationalen Verpflichtungen der Schweiz, etwa der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Besonders störend: Während im sozialen Bereich gekürzt wird, sollen die Ausgaben für die Armee massiv erhöht werden.
Obwohl die Schweiz zu den reichsten Ländern der Welt gehört, hinkt sie in Sachen Gleichstellung hinterher. Die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede sind nach wie vor signifikant und wirken sich im Alter aus. Besonders alarmierend ist, dass Kinder und Familiengründung für Frauen weiterhin ein erhebliches Armutsrisiko darstellen – ein strukturelles Problem, das seit Jahren bekannt ist, aber politisch ignoriert wird. Statt endlich in Gleichstellung zu investieren, etwa in bezahlbare Kitaplätze, schwächt das Abbaupaket nun genau jene Strukturen, die echte Chancengleichheit ermöglichen würden.
Gleichzeitig wurden erst kürzlich wichtige politische Weichen gestellt, um die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt und Femiziden zu verstärken – etwa durch die nationale Strategie gegen Gewalt an Frauen zur Umsetzung der Istanbul-Konvention. Diese Fortschritte drohen durch die geplanten Kürzungen massiv ausgebremst zu werden, obwohl der Schutz vor Gewalt und die Prävention von Femiziden eine gesamtgesellschaftliche Pflicht darstellt.
Das Abbaupaket ist ein Frontalangriff auf die soziale Infrastruktur und droht, die ohnehin langsamen Fortschritte in der Gleichstellung regelrecht abzuwürgen. Dass die Kantone kaum einbezogen wurden, obwohl sie einen Grossteil der Lasten tragen sollen, macht die geplante Umverteilung auf die Schwächsten noch deutlicher.
Opferhilfe
Stand Mai 2025 wurden in der Schweiz bereits 15 Femizide verzeichnet – eine Verdoppelung im Vergleich zu den Vorjahren. Die Opferhilfe-Beratungsstellen und Frauenhäuser arbeiten längst am Limit und benötigen dringend mehr finanzielle Mittel, wie die SP Frauen wiederholt gefordert haben.
Mit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention hat sich die Schweiz verpflichtet, Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt systematisch zu bekämpfen. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung wurde 2022 der Nationale Aktionsplan (NAP) 2022–2026 verabschiedet. Er legt den Fokus auf drei Schwerpunkte: die Information und Sensibilisierung der Bevölkerung, die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen sowie die gezielte Prävention und Bekämpfung von sexualisierter Gewalt. Diese Massnahmen sind zentraler Bestandteil der Gleichstellungsstrategie 2030.
Vor diesem Hintergrund erscheinen die im Entlastungspaket vorgesehenen Kürzungen im Bereich der Opferhilfe besonders problematisch: Sie widersprechen den nationalen Verpflichtungen der Schweiz und schwächen zentrale Instrumente zur Sicherstellung von Schutz und Prävention. Die Wirksamkeit der Opferhilfe hängt wesentlich vom Zugang zu gut ausgebildetem Fachpersonal ab. Damit Betroffene überall in der Schweiz – unabhängig vom Wohnkanton – gleichwertige Unterstützung erhalten, muss der Bund einheitliche Qualitätsstandards gewährleisten und die Aus- und Weiterbildung weiterhin finanziell unterstützen.
Die SP Frauen lehnen die geplante Streichung der Ausbildungsbeiträge entschieden ab. Sie gefährdet die Qualität der Opferhilfe, schwächt den Schutz der Betroffenen und steht in direktem Widerspruch zu den Zielen der Istanbul-Konvention. Kürzungen in diesem Bereich sind nicht nur kurzsichtig, sondern untergraben auch die Glaubwürdigkeit des Bundes im Kampf gegen geschlechtsspezifische, sexualisierte und häusliche Gewalt.
AHV-Beitragsreduktion des Bundes
Der Bundesbeitrag an die AHV soll in Zukunft von deren Kosten entkoppelt werden. Es wird ausgeführt, dass dies keine Auswirkungen auf die AHV-Renten haben werde und im Rahmen der nächsten AHV-Reform dafür eine Kompensation vorgesehen werden müsse. Dies verfolgt aus Sicht der SP Frauen den falschen Ansatz: Mit der Einführung der 13. AHV-Rente ist eine nachhaltig sichere Finanzierung der AHV noch wichtiger geworden. Besonders Frauen sind auf die AHV angewiesen, da sie häufig kaum oder gar nicht auf eine 2. und 3. Säule zurückgreifen können. Die Finanzierung der AHV darf nicht auf Personen mit niedrigem Einkommen abgewälzt werden, wie dies z.B. mit einer weiteren Erhöhung der Mehrwertsteuer der Fall wäre.
Krankenkassenprämien
Neu sollen die Bundesbeiträge an die Prämienverbilligungen im Gleichschritt mit dem Gesamtkostenziel des Bundes wachsen, was sich ab 2028 entlastend auf die Bundesfinanzen auswirken soll. Krankenkassenprämien sind ein belastender Posten im Budget von Haushalten mit tiefem Einkommen, was überdurchschnittlich oft Frauen betrifft, wie beispielsweise alleinerziehende Mütter. Die SP Frauen befürchten, dass die vorgesehene Massnahme eine Kürzung von Prämienverbilligungen bedeuten könnte, was für die betroffenen Personen verheerend wäre.
Bildung
Im Bereich der Bildung ist eine Stärkung der Nutzerfinanzierung der kantonalen Hochschulen vorgesehen, was eine Verdoppelung der Studiengebühren für Inländer:innen und eine Vervierfachung für Ausländer:innen zur Folge hat. Auch im Bereich der Weiterbildung soll gespart werden. Die SP Frauen lehnen diese Kürzungen ab, da sie den Zugang zu Bildung für weniger Privilegierte und somit die Chancengleichheit schwächen. Auch von dieser Massnahme sind Frauen überproportional betroffen, da sie beispielsweise öfter auf eine Weiterbildung angewiesen sind, um den Karriereeinstieg nach einer Familienpause wieder zu schaffen. Ein weiterer Punkt, den die SP Frauen kritisieren, ist die Streichung des projektgebundenen Beitrags Chancengerechtigkeit, welcher in den letzten Jahren zentral war für die hochschulübergreifende Förderung von Gleichstellung, Diversität und Inklusion.
Teilhabe von Asylsuchenden
Neu soll der Bund nur noch vier anstatt fünf Jahre mit Globalpauschalen Unterstützung an die Sozialhilfekosten von Asylsuchenden leisten. Dies soll dazu führen, dass die Kantone die Asylsuchenden schneller in den Arbeitsmarkt integrieren. Die SP Frauen zweifeln stark daran, dass eine Kürzung der Gelder die Integration in den Arbeitsmarkt beschleunigen wird – im Gegenteil: Durch die Kürzung der Bundesgelder werden Kosten für die Asylsozialhilfe in Zukunft stärker auf die Kantone abgewälzt. Den Bedürfnissen von geflüchteten Frauen muss bei der Integration besondere Rechnung getragen werden: Sie haben während der Flucht oft schwere Traumata in Form von sexualisierter Gewalt erlebt. Sie gehören somit bereits zu den vulnerabelsten Personen und brauchen besonderen Schutz und Begleitung statt erschwerter Bedingungen.
Die SP Frauen stellen sich gegen das Abbaupaket von Karin Keller-Sutter und werden jegliche Kürzungen im sozialen Bereich konsequent bekämpfen. Es ist kurzsichtig, nun Milliarden in eine unnötige Aufrüstung der Armee zu stocken und dabei alle restlichen Bereiche zu vernachlässigen. Denn beim Thema Sicherheit muss auch die soziale Sicherheit, die Sicherheit vor patriarchaler Gewalt oder die Bekämpfung der Klimakrise mitgedacht werden. Die SP Frauen forderten bereits anlässlich der Demonstration gegen patriarchale Gewalt vom 23. November 2024, dass fünf Rappen pro Franken, der in die Armee investiert wird, in die Sicherheit von Frauen fliessen. Anstatt überall abzubauen, muss jetzt eine Lockerung der Schuldenbremse erfolgen und es müssen Investitionen in eine feministische Zukunft getätigt werden.