Mit Erwin Roos ist seit der Mitgliederkonferenz vom 13. Juni 2025 ein Genossse in der Geschäftsleietung der SP60+, der sich den Finanzen verschrieben hat. Zum Einstieg empfiehlt er ein Papier der SP-Fraktion im Bundeshaus.
von der SP-Bundeshausfraktion
Als der Bundesrat Anfangs dieses Jahres die Gruppe Gaillard einsetzte, geschah dies unter vermeintlich dramatischen Vorzeichen. Von bis zu fünf Milliarden Finanzierungsdefizit in wenigen Jahren war die Rede. Die neusten Zahlen aus dem Finanzdepartement sehen zwar deutlich besser aus, trotzdem aber hält insbesondere Finanzministerin Karin Keller-Sutter an der dringenden Notwendigkeit der Beseitigung des sogenannten «strukturellen Ausgabenproblems» fest.
Mit den überhasteten Entscheiden zur Aufrüstung der Armee hat die rechte Mehrheit der Kommissionen und des Parlaments ihren Teil zur chaotischen Finanzpolitik der bürgerlichen Mehrheit in Bundesrat und Parlament beigetragen. Diese Entscheide markieren einen Paradigmenwechsel: In wenigen Jahren wird das Wachstum der Armeeausgaben die Entwicklung der Ausgaben aller anderen Bereiche weit überflügeln. Würden die Entscheide im aktuellen Rahmen der Finanzpolitik umgesetzt, müsste der Bund die weitgehend planlose Militarisierung wohl auf Kosten anderer Staatsaufgaben durchsetzen.
Strukturelle Unterausschöpfung des Einnahmenpotentials und ideologische Zukunfts- und Investitionsbremse
Die SP-Fraktion hat diese Ausgangslage zum Anlass genommen, die Struktur der Bundesfinanzen genauer unter die Lupe zu nehmen. Dabei zeigen sich zwei Dinge. Erstens ist der prognostizierte, negative Finanzierungssaldo ab 2027 von aktuell ca. 2.5 Milliarden vorallem auf die Aufstockungen bei der Armee zurückzuführen. Und zweitens ist die Knappheit der Bundesfinanzen nicht naturgegeben, sondern Folge mehrerer ideologischer blinder Flecken der rechten Mehrheit. Der Bund hat kein Ausgabenproblem, sabotiert mit einer rein ideologischen Finanzpolitik die eigene Handlungsfähigkeit. Vielmehr besteht das Problem in einer strukturellen Unterausschöpfung des Einnahmenpotentials und einer überrigiden Auslegung der Schuldenbremse, die sich immer stärker als Zukunfts- und Investitionsbremse entpuppt. Alle internationalen Vergleiche zeigen, dass insbesondere das Kapital in der Schweiz im Durchschnitt unterbesteuert wird, respektive in den letzten Jahrzehnten übermässig entlastet wurde.
Die SP-Fraktion sieht vier Möglichkeiten, die strukturelle Unterausschöpfung des Einnahmenpotentials zu korrigieren: Verzicht auf ineffiziente und ungerechte Steuerabzugsmöglichkeiten, Korrektur der übermässigen Steuergeschenke der neoliberalen Ära, pragmatische Solidarbeiträge der Kapitalseite und Beseitigung der legalen Steuerkriminalität (Bankgeheimnis). Zusätzlich kann in namhafter Weise auf ineffiziente Ausgaben verzichtet werden, darunter die Ausgaben für die strategielose Aufrüstung. Eine Modernisierung der Schuldenbremse ist zudem zwingend nötig und schafft weiteren Handlungsspielraum für die Zukunftsinvestitionen.
Gleichstellung, internationale Solidarität, Kampf gegen Klimakrise und für Kaufkraft sind möglich
Nachfolgend zeigt die SP-Fraktion auf, wie mit wenig Aufwand die notwendigen Investitionen in die Gleichstellung, die Kaufkraft und den Kampf gegen den Klimawandel bewerkstelligt werden können – sofern sich die rechte Mehrheit in Parlament und Bundesrat im Sinne des Gemeinwohls durchringen kann, diesen kleinen Schritt raus aus dem ideologischen Bunker zu machen. Es handelt sich dabei um eine exemplarische Darstellung von möglichen Massnahmen. Die Auswahl der Massnahmen erfolgte gemeinsam mit ausgewiesenen Expert:innen. Dabei musste auf die Auflistung mehrerer Massnahmen verzichtet werden, da belastbare Schätzungen des finanziellen Ausmasses auf Grund eines eklatanten Datenmangels in der schweizerischen Finanzpolitik nicht machbar waren. Bis heute ist die Verwaltung nicht gewillt, diesen Datenmangel zu beheben. Genauso wären weitere Effizienzmassnahmen ohne Leistungseinbussen für die Bevölkerung auf der Ausgabenseite möglich, beispielsweise die Korrektur von biodiversitätsschädigenden Subventionen.
Auch so zeigen die Berechnungen: Selbst wenn die Schweiz die APD-Quote und 0.7 % des BNE erhöht, in die Kita-Infrastruktur investiert, die Klimakrise aktiv bekämpft, die Prämienverbilligungen für die Mittelklassen ausbaut, die Ukraine unterstützt und die Individualbesteuerung ausbaut, bleiben substantielle Mittel für weitere Investitionen – ohne die positiven, dynamischen Effekte dieser Investitionen auf der Einnahmenseite einzuberechnen.
Kurz: Die Schweiz kann sich Zukunft leisten. Sie muss nur wollen.