Von Priska Seiler Graf, Nationalrätin ZH und Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats
Die Pläne der bürgerlichen Mehrheit in Bundesrat und Parlament haben weitreichende Folgen: Mit der Gesetzesrevision dürften über 40 Prozent weniger Männer zum Zivildienst zugelassen werden. Das bedeutet: In Bereichen, die bereits heute unter Personalmangel leiden, fehlen künftig dringend benötigte Helfer. Besonders betroffen sind Pflegeheime, Schulen, soziale Einrichtungen und der Naturschutz. Zudem dürfen Medizinstudierende nicht mehr im medizinischen Bereich eingesetzt werden - ein Verlust für das Gesundheitssystem.
Schikanöse Massnahmen
Was steckt hinter der Gesetzesrevision? Angeblich soll die Armee gestärkt werden, denn seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine beschäftigen wir uns - zu Recht - wieder bewusster mit der militärischen Sicherheit. Und offenbar betrachtet Bundesbern den Zivildienst heute als Bedrohung für die Armeebestände. Das hat wenig mit der Realität zu tun: Die Armee zählt derzeit mehr Armeeangehörige als gesetzlich erlaubt (Effektivbestand).
Dennoch soll Armeeangehörigen der Wechsel vom Militär zum Zivildienst mit schikanösen Massnahmen erschwert werden. So muss im ersten Jahr nach der Zulassung zum Zivildienst ein langer Einsatz geleistet werden, unabhängig von der privaten Situation. Diese Massnahme ignoriert die Realität junger Menschen, die Ausbildung, Beruf und Familie unter einen Hut bringen müssen. Eine sinnvolle Einsatzplanung, die auch den beruflichen Qualifikationen Rechnung trägt, wird so massiv erschwert.
Die Verschärfungen haben Strafcharakter und werden nicht dazu beitragen, den Militärdienst attraktiver zu machen. Armeeangehörige, die sich zu einem Wechsel in den Zivildienst entschieden haben, dürften einfach vermehrt den «blauen Weg» über die medizinische Ausmusterung wählen. Diese Männer fehlen dann in der Armee und im Zivildienst.
In der Pipeline: Wiedereinführung einer Gewissensprüfung
Die Revision ist nur der erste Schritt einer Salamitaktik. Bereits wird in Bundesbern diskutiert, den Zivildienst mit dem Zivilschutz zu einem «Katastrophenschutz» zusammenzulegen, was de facto seine Abschaffung bedeuten würde. Auch wurde im Nationalrat ein Postulat überwiesen, das die Wiedereinführung der Gewissensprüfung verlangt.
Der Zivildienst bewährt sich
Der Zivildienst ist eine Erfolgsgeschichte. Seit seiner Einführung 1996 ist er zu einer Institution geworden, deren Wirken weit über einen Ersatzdienst hinausgeht. Er vermittelt wichtige Lebenserfahrungen, erfüllt wertvolle soziale, ökologische und kulturelle Aufgaben und stärkt den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Aus den vielfältigen Einsatzbetrieben sind die Zivildienstleistenden schlicht nicht mehr wegzudenken. Spitäler, Pflegeheime, Bergbauern und Schulen sind auf die Dienste der Zivis angewiesen.
Anstatt diese Leistung zu würdigen, wird der Zivildienst systematisch geschwächt. Die geplante Reduktion der Zulassungen trifft die Gesellschaft dort, wo sie am verletzlichsten ist. Darum: Unterschreibe jetzt das Referendum - retten wir den Zivildienst!