Von Elisa Moret
Du hast dich sehr für Energiefragen eingesetzt: Was hast du konkret im Parlament erreicht?
Roger Nordmann: Im Bundeshaus ist nie einer allein für einen Erfolg verantwortlich. Ich habe aber massgeblich zum Ausbau der Photovoltaik in der Schweiz beitragen können. Heute stammt zwölf Prozent des Stroms in der Schweiz aus Sonnenergie. Als ich ins Parlament gewählt wurde, waren es erst 0,03 Prozent. Ebenso sind die CO2-Emissionen von Gebäuden um fast 40 Prozent gesunken, obwohl Gebäudefläche und Bevölkerung zugenommen haben. Zudem haben wir auch den Atomausstieg besiegelt, weil Kosten, Risiken und Nachteile dieser Technologieunzumutbar sind. Und schliesslich habe ich mich auch erfolgreich für die zusätzliche Investitionsmilliarde für die Bahn eingesetzt
Die rechte Mehrheit im Parlament und allen voran Bundesrat Albert Rösti stellen die Fortschritte beim Klimaschutz in Frage. Wo siehst du die grössten Gefahren für die Klimapolitik?
Das Departement von Albert Rösti versucht derzeit, die CO₂-Vorgaben für Autos zu lockern. Und Bundesrätin Karin Keller-Sutter greift das Programm zur energetischen Sanierung von Gebäuden und das Klimaschutzgesetz an, obschon beides von der Stimmbevölkerung gutgeheissen wurde. Die grösste Gefahr besteht jedoch in der Blockade von erneuerbarem Strom. Diesen brauchen wir, um die Atomenergie und die fossilen Brennstoffe zu ersetzen.
Welche Probleme gibt es diesbezüglich?
Die Allianz zwischen den AKW-Befürworter:innen und der Erdöllobby auf der einen und den radikalen Landschaftsschützer:innen auf der anderen Seite sollten wir nicht unterschätzen. Das Blockadepotenzial ist vorhanden. Wir brauchen Energie im Winter. Dafür müssen 13 Staudämme erhöht und die beiden neuen Projekte Gorner und Trift umgesetzt werden. Auch dazu hat die Stimmbevölkerung Ja gesagt. Darüber hinaus ist es sehr wichtig, in der Windenergie vorwärtszumachen. Auch sie liefert wertvollen Winterstrom. Für die Biodiversität sind diese Projekte verkraftbar. Es geht nicht mehr um Perfektion. Diese können wir uns leider nicht mehr leisten, da die Erderwärmung bereits jetzt 1,5 Grad beträgt. Es geht um Schadensbegrenzung.
Du warst Mitglied der CS-PUK und es ist noch nicht lange her, als du an vorderster Front gegen Risiken einer Monster-UBS für die Schweiz gekämpft hast. Wie stellt sich die Situation heute dar?
Die Schweiz befindet sich in einer sehr gefährlichen Situation. Die Gesetze sind zu lasch und die Politik von Mitte-Rechts zu bankenfreundlich. Wenn wir die Regulierung nicht viel griffiger gestalten, wird ein Crash wie 2008 wahrscheinlich. Denn letztlich kann sich die UBS-Führung auch nach 2008 und 2023 immer noch darauf verlassen, dass ihr der Bund bei einer Krise zu Hilfe eilt. Das führt dazu, dass das Management weiterhin unüberlegt Risiken eingehen kann – ganz nach der Logik: Die Gewinne privat, die Kosten dem Staat. Das ist unerträglich!
Was macht die SP dagegen?
Die Sozialdemokratische Fraktion hat einen Aktionsplan für eine griffige Bankenregulierung vorgelegt. Darin fordern wir mehr Transparenz, eine Grössenbegrenzung von Banken, höhere Eigenkapitalanforderungen, mehr Verantwortung für Aktionär:innen und Management sowie eine Stärkung der Bankenaufsicht. Zudem muss klar definiert werden, in welchen Fällen es in Zukunft zu einer staatlichen Bankenrettung kommt.
Die letzten Monate sind von einer Destabilisierung der Weltpolitik und einem Erstarken der Rechten und der extremen Rechten geprägt. Welche Perspektiven siehst du für die nächsten Jahre?
Angesichts der aktuellen Situation reicht es nicht, den Neofaschismus anzuprangern. Wir müssen ein konkretes Gesellschaftsmodell vorschlagen und damit den Menschen einen glaubwürdigen Gegenentwurf bieten. Das heisst: Eine Gesellschaft, in der alle Menschen über ausreichend Mittel für ein menschenwürdiges Leben verfügen. Alle sollen ihr Leben so führen können, wie sie es für richtig halten – in Freiheit, mit Rücksicht auf die Mitmenschen, auf einem bewohnbaren Planeten.