1:12 als Rezept gegen die Krise in Spanien

Roberto Rodriguez, Zürich, Delegierter der SP Schweiz bei der PSOE

Roberto Rodriguez, Zürich, Delegierter der SP Schweiz bei der PSOE
Die PSOE, die sozialistische Partei Spaniens, steckt wie das ganze Land in der Krise. An ihrem Programmparteitag hat die PSOE vor zwei Wochen nach Lösungen und Wegen aus der Krise gesucht. Interessant aus Schweizer Sicht: Die Idee von 1:12, also die Festlegung eines Lohnverhältnisses zur Sicherung des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenhalts, wurde offiziell ins Wirtschaftsprogramm der PSOE aufgenommen.

Die spanischen Sozialisten haben am Wochenende vom 9. und 10. November 2013 ihren Parteitag in Form einer programmatischen Konferenz in Madrid abgehalten. Der Parteitag stand im Zeichen der Erneuerung und fand exakt zwei Jahre nach einer schmerzhaften Niederlage statt, daher aber auch zwei Jahre vor den nächsten nationalen Wahlen. Die Parteiführung unter dem Generalsekretär Alfredo Peréz Rubalcaba hat es geschickt verstanden, die Diskussionen innerhalb der Partei möglichst auf die Positionsbezüge und Inhalte zu fokussieren. Die insbesondere von den Medien und von unzufriedenen „Parteioberen“ erwünschte „Personal- und Führungsdiskussion“ hat nicht stattgefunden. Das Ziel war, zuerst die Inhalte zu schärfen, dann die Köpfe zu bestimmen. Ersteres ist der Parteileitung gelungen und zweiteres wird folgen. 

Die Ausgangslage für die PSOE vor dieser programmatischen Konferenz war und ist sehr schwierig. In breiten Bevölkerungskreisen wird die ehemalige Regierung von José Luis Rodriguez Zapatero zwar nicht ganz verantwortlich für die Wirtschaftkrise gemacht. Aber es wird ihr vorgeworfen, die Krise klein geredet beziehungsweise deren Auswirkungen auf Spanien schlichtweg geleugnet zu haben. 

Vor zwei Jahren kam dann die Quittung an der Urne. Die PSOE wurde abgewählt. Viele wendeten sich von der Partei ab, wählten andere Parteien oder gingen gar nicht wählen. Es ist das eine, dass die einst einflussreiche PSOE keinen Regierungschef mehr stellt, viel schmerzhafter ist es jedoch – und das wurde im Rahmen dieser „Conferencia Politica“ sichtbar –, dass die PSOE auch aus den Regional- und Kommunalregierungen verschwunden ist. Heute stehen die spanischen Sozialisten in keiner Region mehr mit klaren Mehrheiten in der Regierungsverantwortung. Nur noch in Asturien, Andalusien und auf den Kanarischen Inseln ist die PSOE dank Koalitionen in den Regionalregierungen präsent. 

Es ging an dieser programmatischen Konferenz also auch darum, die Partei auf kommende Herausforderungen auszurichten, das Vertrauen wiederzugewinnen und vor allem eine sichtbare Regierungsalternative auf kommunaler, regionaler und nationaler Ebene anzubieten. In einigen Reden wurde insbesondere auch auf europäische Ebene Bezug genommen und die Herausforderungen der Europaparlamentswahlen von 2014 angeführt. 

Während neun Monaten haben die Parteibasis und zugewandte NGOs ein für spanische Verhältnisse fast schon innovatives neues politisches Projekt gestaltet. Am Ende haben 1‘200 Delegierte – davon 200 Nichtmitglieder! – ein neues politisches Projekt genehmigt. Das Programm umfasst Reformen in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Steuern und Arbeit. Zu diesem gesellschaftlichen Alternativprojekt gehören auch das Hinterfragen der Beziehung des Staates mit der katholischen Kirche und ebenso die Zukunft der konstitutionellen Monarchie in Spanien. Letzteres wurde pragmatisch angegangen, auf die Forderung nach einer Republik wurde trotz vielen Zwischenrufen verzichtet, einzig die Forderung nach einer Geschlechterneutralen Thronfolge wurde aufgenommen. Die Genderfrage hat also auch die spanische Thronfolge erreicht. 

In einer ganzen Reihe von arbeitsmarktlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Massnahmen wurde während des Kongresses auch die Forderung nach einer Maximallohn-Begrenzung im Verhältnis 1:12 übernommen. Ja, in der Tat es ist „unsere“ JUSO-Initiative, welche nun in Spanien zum Wirtschaftsprogramm der PSOE gehört. 

Anstatt dass ich als SPS-Delegierter den Vorschlag einbrachte, überzeugte ich die „Juventudes Socialistas (JJ.SS.)“, die Idee ihrer Schweizer Kollegen einzubringen. Mit Erfolg. 

Ebenfalls ein „Schweizer“ Vorschlag, welcher – nach einer sehr langen Diskussion – aufgenommen wurde, sind die „Offenen Listen“. Das heisst, auf PSOE Listen wird es möglich sein, KandidatInnen zu kumulieren. 

Während der Konferenz fanden auch programmatische Debatten statt mit ehemaligen und vermutlich zukünftigen Regierungschefs. Den Anfang machte ein Podium zur Globalisierung mit Felipe Gonzalez, ehemaliger Regierungs- und Parteichef der PSOE und AntonioSeguro, Generalsekretär der Portugiesischen Sozialisten. 

An diesem Podium kam sehr starke Kritik an der Haltung Deutschlands auf. Als Beispiel wurde die Differenz bei Investitionskrediten angeführt. Während ein deutsches Unternehmen 1% Zins für einen Investitionskredit zahlen muss, betragen die Zinsen in Spanien oder Portugal inzwischen 7.5%. Mit diesen Rahmenbedingungen wird es Südeuropa nie aus eigener Kraft aus der Krise schaffen. 

Die aktuelle Entwicklung geht geht gemäss Seguro und Gonzalez vollkommen in die falsche Richtung, allein in den letzten 24 Monaten hat die Anzahl Multimillionäre in Spanien um 10% zugenommen. 

Felipe Gonzalez kritisiert dezidiert das deutsche Modell der 400-Euro-Jobs. Es sind 7 Millionen Deutsche, welche gezwungen sind, Mini-Pseudo-Jobs anzunehmen. 7 Millionen, welche nicht als arbeitslos gelten. Wenn Spanien das deutsche Modell der 400-Euro-Jobs übernehmen würde, wären im gleichen Verhältnis 3.7 Mio. Spanier gezwungen, eine prekäre nicht existenzsichernde Arbeit anzunehmen und die arbeitslosen Statistik sähe glänzend aus. 

Fazit: Es braucht eine progressive Alternative in Europa. Die Wahlen im Frühjahr 2014 haben eine enorme Bedeutung für die europäische Sozialdemokratie.

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