Der Regierungsrat wird eingeladen, zu prüfen und zu berichten, wie die Kosten für die (digitale) Überprüfung, Kontrolle und Reinigung oder der Ersatz von IT-Geräten von besonders
gefährdeten Opfern durch die Soforthilfe übernommen werden können.
Begründung:
Die rasante technologische Entwicklung der letzten Jahre hat dazu geführt, dass es immer
einfacher wird, Personen digital zu überwachen, zu kontrollieren oder zu lokalisieren – oft
ohne ihr Wissen.
Diese Form der digitalen Gewalt verstärkt bestehende Macht- und Gewaltverhältnisse erheblich: Täter nutzen moderne Technik gezielt, um Kontrolle über ihre (Ex-)Partnerinnen auszuüben – etwa durch das Ausspähen von Nachrichten, das Nachverfolgen von Aufenthaltsorten oder das Einschleusen von Überwachungssoftware. Digitale Gewalt ist dadurch besonders subtil und schwer zu erkennen.
Wer in der Schweiz durch eine Straftat in der körperlichen, psychischen oder sexuellen Unversehrtheit unmittelbar beeinträchtigt wird, hat Anspruch auf Opferhilfe. Diese umfasst insbesondere Beratung, Soforthilfe, längerfristige Unterstützung sowie finanzielle Leistungen.
Fast die Hälfte aller Gewaltstraftaten geschieht im häuslichen Umfeld. Betroffen sind vorwiegend Frauen. Die Zahl der Femizide im ersten Halbjahr 2025 war erschreckend hoch. Es ist
deshalb zentral, alle notwendigen Mittel einzusetzen, um häusliche Gewalt zu bekämpfen
und Femizide zu verhindern.
Häusliche Gewalt bedeutet nicht nur Schläge, sondern umfasst auch digitale, psychische,
soziale, ökonomische und sexualisierte Gewalt. Digitale Gewalt ist weit verbreitet und verstärkt bestehende Gewaltmuster: Der Täter kontrolliert das Handy, liest Nachrichten mit, verlangt Standortfreigaben, installiert Überwachungs-Apps, manipuliert Smart-Home-Geräte oder belästigt mit Anrufen und SMS.
Um diese Kontrolle zu unterbrechen und die Sicherheit der Opfer zu gewährleisten, muss die
Überprüfung und Reinigung von IT-Geräten oder deren Ersatz über die Soforthilfe finanziert
werden – analog dem Austausch von Türschlössern aus Sicherheitsgründen.
Viele Frauen verzichten auf den Eintritt ins Frauenhaus, weil sie fürchten, dadurch ihre Arbeitsstelle zu verlieren. Damit sie dennoch geschützt im Homeoffice arbeiten können,
braucht es die professionelle Überprüfung ihrer IT-Geräte. Da sich die Technik laufend weiterentwickelt, sind dafür spezialisierte Fachpersonen erforderlich. Diese Aufgabe kann nicht
von Frauenhäusern oder Beratungsstellen übernommen werden.
Eine Finanzierung über die Opferhilfe-Soforthilfe ist daher nicht nur gerechtfertigt, sondern
notwendig, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten und echten Schutz zu bieten – auch über den Aufenthalt im Frauenhaus hinaus. Einen Schlosswechsel bezahlt die
Kantonale Opferhilfe, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Tatperson noch einen Schlüssel hat. Werden IT-Geräte nicht überprüft, ist dies fahrlässig. Digitale Gewalt gefährdet Leben.
Michèle Dünki-Blättig
Andrea Gisler
Silvia Rigoni
Marzena Kopp
Andrea Grossen-Aerni
Lisa Letnansky