Altersdiskriminierung: Sprache als Spiegel der Wertschätzung

Tag des Alters

Bea Heim | 01.10.2014 | Sie hat sich eingeschlichen und macht sich breit: Die sprachliche Geringschätzung und Diskriminierung des Alters. Sie setzt ältere und alte Menschen herab. Und niemand reagiert. Im Gegenteil: Die Alltagssprache und mit ihr die Medien übernehmen Redewendungen und Aussprüche, um das Altwerden und -sein verachtend zu karikieren. Sie übernehmen negative Floskeln und zementieren sie damit. Der 1. Oktober als Tag des Alters ist eine Gelegenheit, unsere Einstellung gegenüber dem Alter und alten Menschen zu hinterfragen.
Sie hat sich eingeschlichen und macht sich breit: Die sprachliche Geringschätzung und Diskriminierung des Alters. Sie setzt ältere und alte Menschen herab. Und niemand reagiert. Im Gegenteil: Die Alltagssprache und mit ihr die Medien übernehmen Redewendungen und Aussprüche, um das Altwerden und -sein verachtend zu karikieren. Sie übernehmen negative Floskeln und zementieren sie damit. Der 1. Oktober als Tag des Alters ist eine Gelegenheit, unsere Einstellung gegenüber dem Alter und alten Menschen zu hinterfragen.

Alter. Jede und jeder hat eines. Alle werden wir älter und irgendwann einmal, so Gott will, sind wir alt. Früher, als die Menschen noch nicht eine so hohe Lebenserwartung hatten wie heute, da war der Begriff «Alter» positiv besetzt. Es stand für Lebenserfahrung und Weisheit. Der Rat eines älteren Menschen zählte etwas und wurde von den jüngeren gesucht, manchmal beherzigt, manchmal abgelehnt. Aber er wurde eingeholt und erwogen. Das Wissen der Älteren war bei den «Mittelalterlichen» noch gefragt. Die Kluft zur Jugend war zwar da. Immerhin aber zollten «die Jungen» «den Alten» den Respekt, den alle Menschen verdienen und brauchen. 

Alter wird schlecht gemacht 
Heute ist der allgemeine Tenor ein verletzender. Heute tönt es so: «Überalterung», «die demographische Zeitbombe tickt», «Restlebenserwartung». Die deutsche Zeitschrift «Die Zeit» schrieb sogar: «Pest, Hunger und Krieg sind glücklich überwunden – nun sind die Alten da». Auch in der Amtssprache machen sich zweifelhafte Begriffe breit, zum Beispiel  «pflegenahe Jahrgänge», was wohl so viel bedeutet wie gesellschaftlich abgeschrieben und ein Kostenrisiko im Gesundheitswesen. Oder «ältere Arbeitnehmer». Das ist eine Gruppe, die in Sachen Beschäftigung Probleme bereitet, da ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt abnehmen. Sie arbeiten nicht mehr so schnell, sind scheinbar weniger belastbar, nicht mehr genügend qualifiziert.  Sie werden von der Wirtschaft aus dem Arbeitsprozess herauskatapultiert, von Arbeitgebern an die Luft gesetzt und ein Fall für das Sozialwesen.

Im Gassenjargon der Jugend tönt es noch krasser. Da ist die Rede von Gruftis, Zombies, Kompostis und alten Knackern. Da ist nichts mehr zu spüren von Respekt.

Selbst eine nationale Politikerin sprach schon unverblümt von «alten Säcken», als sie damit ältere Menschen meint.

Der Begriff Alter ist heute definitiv negativ besetzt. Die Sprache diente schon früher als Mittel für Ab- und Ausgrenzungen. Nun wird das Alter von der Sprache aufs Korn genommen. Teilweise passiert das ganz subtil, teilweise mit der Holzhammer-Methode: «die demografische Zeitbombe tickt», «Krieg den Alten!», «Hilfe, wir vergreisen!», «Runzelrabatt», «überaltert», «Altenlast», «Restlebenserwartung». Der Generationenkonflikt ist damit zum Kommunikationskonflikt geworden. Ältere Menschen «Schmarotzer» zu nennen, blendet aus, dass wir den heutigen Bildungs- und Wohlstand diesen Generationen zu verdanken haben.

Ein Wechsel des Blickwinkels wäre hier vielleicht mal angezeigt. Die Entwicklung, dass es immer mehr Ältere gibt, ist keine Schuldfrage. Sondern das Problem der Unterjüngung. Es gibt immer weniger jüngere Leute. Es ist schlicht eine gesellschaftliche Entwicklung, der wir uns zu stellen haben und die eine Herausforderung für uns alle darstellt. 

Ausnahmen, die Profit versprechen 
Einzig im Bereich Marketing sind positive Worte zu hören. Die Werbung richtet sich an das «aktive», «unabhängige», «gut situierte» und «gesunde» Alter. Wer fit ist im Alter, ist gern gesehen und erhält Lob und Komplimente. Der Grund dafür ist einleuchtend. Es gilt, auch von dieser Kaufkraft zu profitieren. Nur wer positiv umworben wird, ist kaufwillig gestimmt. Doch der positive Anschein täuscht. Er enthält den versteckten Vorwurf, dass wer im Alter krank ist, zu wenig für seine Gesundheit getan hat. 

Das Kind endlich beim Namen nennen 
Das Phänomen der sprachlichen Diskriminierung des Alters hat einen Namen: Ageismus. Das Wort kommt aus dem Englischen. Dort ist es seit 1969 offiziell im Gebrauch. Es umschreibt Altersfeindlichkeit als Form sozialer Diskriminierung, die negative Wahrnehmung des Alters und die damit verbundene Stigmatisierung sowohl des Älterwerdens wie auch des Alt Seins. Es beinhaltet die Schwierigkeit, die Perspektive des Alters wahrzunehmen. Umschrieben wird mit Ageismus auch die geschichtlich gewachsene, nur schwach kaschierte Abneigung oder sogar verdeckte Aggression gegen alte Menschen und die unrealistische Wahrnehmung der Lebenswelt alter Menschen. Oder um es mit den Worten von Dieter Hildebrandt zu sagen: «Im Prinzip ist das Altwerden bei uns erlaubt, aber es wird nicht gern gesehen». 

Im Duden nicht auffindbar 
Interessant ist, dass sich diese Altersfeindlichkeit im Duden nicht niederschlägt. Begriffe wie Alters- oder Altendiskriminierung, Ageismus tauchen nicht auf. Das lässt sich auch nicht damit erklären, dass das Wort nur im Englischen gebräuchlich ist oder eben aus dem Englischen kommt. Wörter wie Rassismus (racism) Sexismus (sexism) sind ebenfalls Anglizismen und wurden sehr rasch in den Duden aufgenommen. Es scheint, als ob Simone de Beauvoir recht gehabt hätte, als sie sagte: « Es gibt eine Verschwörung des Schweigens der Gesellschaft gegen das Alter und die Alten.» (Simone de Beauvoir, 1993). 

Sprache achtsam gebrauchen 
Es ist deshalb wichtig, einer korrekten Sprache wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Der Begriff Alter muss wieder im ursprünglichen Sinne positiv besetzt werden.

Das Wort alt kommt von alan. Das steht für nähren (aufziehen), wachsen (gewachsen, erwachsen). Es bedeutet zudem reich an Lebensjahren, längere Zeit bestehend, durch altern wertvoll geworden.

Es ist also Zeit, der sprachlichen Diskriminierung ein Ende zu setzen. Es ist Zeit, für positiv besetzte Ausdrücke. Es ist Zeit, die Kompetenz, Erfahrung und Innovationskraft auch des Alters wahrzunehmen und zu anerkennen. 

Ansprechpartner:innen zu diesem Thema

Beitrag teilen:

Facebook
Twitter
LinkedIn
Animation laden...Animation laden...Animation laden...

Newsfeed

Du hast Fragen zur Mitgliedschaft oder dem Mitgliedschaftsformular? Wir helfen gerne.

Häufige Fragen

Am einfachsten, indem Du online das Beitrittsformular nebenan ausfüllst.

Du kannst selbst entscheiden, welches Engagement für Dich am besten passt.

  • Wenn Du wenig Zeit hast, ist es absolut in Ordnung, wenn Dein Engagement sich vor allem darauf beschränkt, Deinen Mitgliederbeitrag zu bezahlen. Auch das hilft uns sehr, um die Schweiz und die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
  • Die Sektion, bei welcher Du Mitglied bist, wird Dich eventuell hin und wieder anfragen, ob Du Zeit hättest, bei einer Standaktion, einer Unterschriftensammlung oder einer Telefonaktion mitzumachen. Falls Dir das zusagt, sind wir sehr froh darüber – aber es ist natürlich völlig freiwillig.
  • Die meisten Sektionen führen regelmässig Mitgliederversammlungen durch, um die aktuellsten politischen Themen und Aktivitäten zu besprechen. Die Teilnahme daran ist natürlich ebenfalls völlig freiwillig. Aber es kann ein guter Ort sein, um neue Leute kennenzulernen.
  • Falls Dich ein Themengebiet besonders bewegt, kannst Du Dich in einer Themenkommission der SP Schweiz oder Deiner Kantonalpartei engagieren, oder in einer der Unterorganisationen wie den SP Frauen, den SP Migrant:innen, der SP 60+ oder der SP queer.
  • Häufig gibt es auch die Möglichkeit, ein partei-internes Amt, z.B. im Vorstand Deiner Sektion zu übernehmen.
  • Falls Du das möchtest, kannst Du mit Deiner Sektion auch Kontakt aufnehmen, um über eine Kandidatur für eine öffentliches Amt zu sprechen, z.B. in der Schulpflege Deines Wohnortes.

Um unsere Werte verteidigen zu können, braucht es finanzielle Mittel. Die SP ist eine Mitgliederpartei und schöpft ihre Stärke aus dem Engagement ihrer Mitglieder.
Die Mitgliederbeiträge werden von den Kantonalparteien und den Sektionen unterschiedlich festgelegt und sind abhängig von Deinem steuerbaren Einkommen. Wir folgen unseren eigenen politischen Forderungen: Wer wenig verdient, bezahlt wenig, und wer viel verdient, beteiligt sich mehr an den Kosten von Partei und Politik.
In der Regel fallen jährlich je nach Einkommen Kosten zwischen circa 80 und einigen Hundert Franken an. Die Mitgliederbeiträge werden jährlich erhoben.

Ja, selbstverständlich! Du kannst der SP beitreten, ohne den Schweizer Pass zu haben. Denn alle Menschen, die in der Schweiz leben, sollen in der Politik mitdiskutieren können.

Du hast verschiedene Möglichkeiten, Dich einzubringen. Wenn Du an Deinem Wohnort aktiv werden möchtest, wendest Du Dich am besten an die Sektion Deiner Gemeinde oder Deines Quartiers. Diese ist auch die richtige Anlaufstelle für den Einsatz in einem öffentlichen Amt (Gemeinderat, Schulpflege, Sozialbehörde…).
Du kannst Dein Wissen und Können auch innerhalb der Partei einbringen. Die SP sucht immer Leute, die sich in der Parteiorganisation engagieren (Gemeinde, Bezirk, Kanton, Themenkommissionen).

Melde Dein Interesse bei den Verantwortlichen Deiner Ortssektion an. Die Sektion nominiert SP-Kandidierende für öffentliche Ämter, sei dies für den Gemeinderat oder die lokalen Schul-, Sozial- oder Finanzbehörden. Die Ortssektion bildet oft auch für Ämter auf übergeordneter Ebene (Kantons- oder Grossrat) den Ausgangspunkt des parteiinternen Nominationsprozesses.

Abgesehen von der Zahlung des jährlichen Mitgliederbeitrags gehst Du keine Verpflichtungen ein. Voraussetzung für den Beitritt ist eine inhaltliche Nähe. Dies bedingt jedoch nicht, dass Du in allen Fragen mit der SP gleicher Meinung sein musst.

Die Statuten der SP Schweiz verbieten die gleichzeitige Mitgliedschaft in mehreren Schweizer Parteien.
Doppelbürger:innen können Mitglied der SP Schweiz und Mitglied einer ausländischen Schwesterpartei sein, beispielsweise der deutschen SPD oder des italienischen Partito Democratico. Die Mitgliedschaft bei der SP Schweiz ist für Angehörige von Schwesterparteien gratis, sofern sie belegen können, dass sie in ihrem Heimatland Mitgliederbeiträge an eine Sozialdemokratische Partei entrichten.

Ja. Auch im Ausland kannst du dich als Mitglied der SP Schweiz in die Politik einbringen. Wenn Du Deinen Wohnsitz im Ausland hast, wirst du automatisch Mitglied der SP International.

Für JUSO-Mitglieder besteht bis zum Alter von 26 Jahren die Möglichkeit einer kostenlosen SP-Mitgliedschaft. Ein entsprechender Antrag kann per Mail an [email protected] gestellt werden.

Das bietet Dir die SP

Was Du von der SP erwarten darfst.

Du bist nah dran an der Politik: Wir schicken Dir unsere Aufrufe, Newsletter sowie sechs Mal jährlich unser Mitgliedermagazin „links“. Du kannst Dich mit Gleichgesinnten vernetzen.

Du kannst von andern lernen und Dich mit Deinem Wissen und Können auf verschiedenen Ebenen in der Partei einbringen.
Gemeinsam schaffen wir eine bessere Zukunft!

Keine Demokratie ohne Bildung. Wir bieten Dir Webinare und Seminare zu Hintergrundwissen und aktuellen politischen Themen.