Das Ende des Bankgeheimnisses oder das Ende des Steuerhinterzieher-Geheimnisses?

Susanne Leutenegger Oberholzer, Nationalrätin BL

Susanne Leutenegger Oberholzer, Nationalrätin BL
In einem lamentablen Film von Hansjürg Zumstein – ein Produkt zwischen Fiktion und Realität – mit dem gefühlsschwangeren Titel „Der schmerzvolle Abschied – Wie das Bankgeheimnis abhanden kam“ hat das Schweizer Fernsehen SRF letzte Woche im Hauptprogramm das „Bankgeheimnis“ als Thema gewählt. Die TV-Kritik zum sogenannten Bankgeheimnis-Film von SRF fällt deutlich aus: falsch positioniert und lückenhaft.

Lamentabel – wieso? Dazu ein paar Feststellungen und Fragen: 

Dem Autor ist offenbar entgangen: Das Bankgeheimnis ist nicht tot. Ich darf auch morgen und übermorgen nach wie vor nicht wissen, wie viel Uli Hoeness auf der hohen Kante in der Schweiz hat. Und umgekehrt: Er weiss nichts von mir. Das Bankgeheimnis im Sinne des Schutzes persönlicher Daten ist unangetastet. Und das zu Recht. Warum wird dieser kleine, aber politisch alles entscheidende Unterschied zwischen Steuerhinterzieher-Geheimnis einerseits und Bank-Geheimnis andrerseits nicht im Ansatz herausgearbeitet? 

Die deutschen Steuerbehörden werden inskünftig dank des automatischen Informationsaustausches in Steuersachen, wie er von der OECD vorangetrieben wird, alle deutschen Steuerhinterzieher und Steuerhinterzieherinnen mit Bankkonten in der Schweiz ausfindig machen können. Deshalb trennen sich Schweizer Banken von jenen Kundinnen und Kunden, die sich nicht selbst anzeigen. 

Das Projekt der inzwischen kläglich gescheiterten anonymen Abgeltungssteuer wollte genau diese Offenlegung verhindern. Warum kommt dieser vorletzte Versuch, nach dem „Modell Rubik“ der FDP noch einmal alles zu vertuschen, im Zumstein-Film nicht einmal vor? Warum werden die einschlägigen Parlamentsdebatten dem Schweizer Publikum vorenthalten wie auch die Stellungnahmen aller bürgerlichen Schweizer Politiker, die sich über die Deutschen, die SPD und die Position der SP Schweiz lustig machten, weil die Deutschen damit angeblich auf fette Steuereinnahmen verzichten würden? Warum wurden die finanziellen Folgen mit und ohne Abgeltungssteuer nicht am Fall des verurteilten Uli Hoeness erklärt? Denn heute ist klar: Mit der Abgeltungssteuer hätten die Deutschen auf ein Vielfaches an Steuereinnahmen aus Steuerhinterziehergeldern verzichtet. 

Politische Protagonisten im Film sind – neben dem einzig authentischen Alt-Bundesrat Couchepin mit spannenden Aussagen – vor allem SVP-Blocher und FDP-Noser. Mehr Geschichtsklitterung geht nicht. Warum wurden Blocher und Noser nicht mit einstigen Aussagen und Projekten von SVP und FDP als Bollwerk des Steuerhinterzieher-Geheimnisses und Handlanger des Steuerhinterzieher-Platzes Schweiz konfrontiert? Mitglieder von SVP und FDP wollen sogar neu mit einer Volksinitiative das Steuerhinterzieher-Geheimnis in der Schweiz retten. Das ist technisch und faktisch nicht möglich und moralisch unhaltbar. Offenbar haben sowohl der technische Fortschritt wie auch Gerechtigkeit und Moral in dem vom Schweizer Fernsehen vermittelten Schweiz-zentrierten Weltbild keinen Platz. 

Warum kommt die Linke – ausser einem kleinen Hinweis auf die seinerzeitige Bankeninitiative der SP – nicht zu Wort; die Partei also, die seit Jahren gegen das Steuerhinterzieher-Geheimnis ankämpft? Warum wird die SP, die sich dabei als Landesverräterin titulieren lassen musste, ausgeklammert? Warum wird unterschlagen, dass gerade die SP seit Jahr und Tag betont, dass sich ein sauberer Finanzplatz auch ökonomisch rechnet? 

Dafür darf ausgerechnet Oswald Grübel zum Schluss sybillinisch festhalten, der Tod des Steuerhinterzieher-Geheimnisses habe ökonomisch dem Finanzplatz Schweiz gar nicht gross geschadet. Also doch! Warum wurden Blocher, Noser, Merz und Co. nicht wenigstens mit diesen Aussagen konfrontiert? 

Warum durften die Banken mit Ausnahme der fingierten Szenen bei der UBS-Rettung – und allen voran Ex-Privatbankier Konrad Hummler – auf Tauchstation bleiben? Alt-Bundesrat Merz samt Herzinfarkt wurde als Treiber der verfehlten Politik vorgeführt, dabei war er mehr Getriebener der Banken und ihrer Organisationen als effektiver Akteur. 

Die Finanzmarktaufsicht wird als treibende Ordnungskraft dargestellt. Warum wird aber die Rolle der Vorgängerorganisation, also der Eidgenössischen Bankenkommission, bei der Überprüfung der Einhaltung der Sorgfaltspflichten der Banken bei der Entgegennahme von Schwarzgeldern nicht näher hinterfragt? 

Ausgeklammert wird auch die alles entscheidende Rolle der OECD im erfolgreichen Kampf gegen das Steuerhinterziehungs-Geheimnis. Warum wurde die internationale Entwicklung ausgeblendet? Nicht primär der Fall UBS, sondern vielmehr der Kampf der Staatengemeinschaft um die Sicherung der öffentlichen Finanzen, hat das Steuerhinterzieher-Geheimnis zu Fall gebracht, und sie wird ihm mit dem automatischen Informationsaustausch endgültig den Garaus machen. 

Zu hinterfragen sind auch die Mittel des Dok-Films: Warum werden der Zuschauerin mit peinlich nachgestellten Szenen und fiktiven Dialogen in einem Dok-Film vorgegaukelt, es handle sich um die Realität? 

Zum Schluss die entscheidende Frage: Wie weit darf das Schweizer Fernsehen die jüngere Schweizer Geschichte im Interesse der politischen Rechten verfälschen? Diese zentrale Frage muss von den Chefs Roger de Weck und Ruedi Matter beantwortet werden. 

Und wir alle müssen uns die Frage stellen: Müssen wir diese offensichtlichen Geschichtsverfälschungen in Bälde mit Billag-Gebühren, die faktisch als Kopfsteuern ausgestaltet werden sollen, noch belohnen? 

Gesellschaftspolitisch links blinken und realpolitisch rechts abbiegen geht auch für die SRF-Spitze nicht. Das geht auf Kosten der Wahrheit, der Moral und des politischen Anstands.   

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