Mindestlöhne sind wirtschaftlich richtig und sozial nötig

Susanne Leutenegger Oberholzer, Nationalrätin BL

Susanne Leutenegger Oberholzer, Nationalrätin BL
Arbeitgeber- und weitere Wirtschaftsverbände drohen bei Annahme der Mindestlohn-Initiative mit wirtschaftlichen Kollateralschäden und mehr Arbeitslosigkeit. Die Schwarzmalereien und Katastrophenszenarien kennen wir vom Abstimmungskampf gegen die Abzockerinitiative. Sie waren alle falsch.

Was spricht auch wirtschaftlich für einen Mindestlohn von 4000 Franken im Monat oder 22 Franken in der Stunde beziehungsweise 3692 Franken bei 13 Monatslöhnen im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung?

  1. Die neueste Lohnstrukturerhebung (LSE) 2012 bringt es an den Tag: Die Lohnschere öffnet sich weiter zu Lasten der Schwächsten. Zwischen 2010 und 2012 sind die Reallöhne der untersten 10 Prozent der Lohnabhängigen mit Löhnen unter 3886 Franken im Monat gesunken (-286 Fr./Jahr). Die Reallöhne der obersten 10 Prozent hingegen – also der Kader – legten von 2010 bis 2012 erneut um 7,1 Prozent zu (+9901 Fr./Jahr). Die ungleiche Lohnverteilung der letzten 15 Jahre hat sich in der Schweiz damit weiter verschärft. Das zeigt: Die Schwächsten auf dem Arbeitsmarkt haben keine Marktmacht. Es braucht ganz offensichtlich einen gesetzlichen Mindestlohn, um diese unsoziale Entwicklung zu stoppen. Sie ist auch wirtschaftlich schädlich.
  2. Von einem Lohn von weniger als 4000 Franken im Monat können viele nicht Leben, vor allem wenn sie Kinder haben. Davon betroffen sind mindestens 330‘000 Lohnabhängige – viele von ihnen mit einem Berufsabschluss, viele arbeiten im Tertiärbereich. Sie werden trotz Vollzeitstelle abhängig von der staatlichen Sozialhilfe. Faktisch leisten die Steuerzahlenden mit der Sozialhilfe Lohnzuschüsse von geschätzten rund 100 Mio. Fr. im Jahr. Das sind indirekte Subventionen an die Arbeitgeber, die zudem das Lohndumping anheizen. Eine produktive Wirtschaft funktioniert anders. Besonders skandalös sind die tiefen Löhne bei den grossen Detailhandelsketten, deren Eigner zur Milliardärsliga gehören.
  3. Die tiefen Löhne treffen grossmehrheitlich Frauen. Die LSE zeigt: Die Lohndiskriminierung der Frauen ist sogar um 0,5 Prozentpunkte auf 18.9 Prozent angestiegen. Sieben von zehn Personen mit Monatslöhnen unter 4000 Franken bei einem Vollzeiterwerb sind Frauen. 2010 verdienten 15,7 Prozent der Frauen mit Berufsabschluss einen Tieflohn. Bei schlechter Entlöhnung lohnt es sich für viele Frauen – vor allem wenn sie Kinder haben – nicht, ausser Haus berufstätig zu sein. Damit werden wertvolle menschliche Ressourcen verschleudert. Mit der Initiative erhalten 220‘000 Frauen endlich die längst überfällige Lohnerhöhung.
  4. Lohndumping passt nicht zum Qualitätslabel Schweiz. Trotzdem zahlt zum Beispiel die Swatch-Group im Tessin Fabrikarbeiterlöhne von knapp über 3000 Franken. Der GAV lässt das zu. Leider. Herr Hayek: Zum Swissness-Label gehören auch faire Löhne, und die müssen existenzsichernd sein. 
  5. Wirtschaftsverbände argumentieren mit dem staatlichen Lohndiktat gegen die Initiative, preisen den Markt und verweisen auf Gesamtarbeitsverträge. Wohin der Markt führt, zeigt die neueste Lohnstrukturerhebung: Zur Verarmung mit Tieflöhnen. Zudem hat die Mehrheit der Beschäftigten in der Schweiz keinen Schutz durch Gesamtarbeitsverträge und schon garkeinen GAV mit existenzsichernden Mindestlöhnen. Deshalb braucht es gesetzliche Vorgaben.
  6. Löhne sind nicht nur Kostenfaktor sondern ebenso Einkommen, das Nachfrage schafft. Fast 60 Prozent unseres Bruttoinlandprodukts werden durch den privaten Konsum generiert. Der private Konsum ist ein wichtiger Konjunkturstabilisator. Bei einem Lohn von 4000 Fr. geht alles in den Wirtschaftskreislauf und nicht wie bei den Einkommensmillionären in den Sparstrumpf oder in die Spekulation. Von der gestärkten Binnennachfrage profitiert vor allem das einheimische Gewerbe. 
  7. Ein Mindestlohn von 4000 Fr. ist gesamtwirtschaftlich mehr als verkraftbar. In Deutschland steht ein Mindestlohn von 8.50 Euro in Diskussion. Dafür müssen 16 Prozent der Löhne angehoben werden. In der Schweiz sind es bei 4000 Franken 9 Prozent der Löhne, die erhöht werden. Also weit weniger. Die gesamte Lohnsumme würde um 0,4 Prozent angehoben werden. Davon profitieren auch die Sozialversicherungen . Mit dem Mindestlohn fliessen jährlich rund 118 Mio. Franken zusätzlich in die AHV-Kasse. Und für alle Sozialversicherungen werden die Mehrerträge auf fast 300 Mio. Franken pro Jahr geschätzt.

Die Mindestlohninitiative ist nicht nur sozial richtig. Sie schafft auch die richtigen volkswirtschaftlichen Anreize gegen Lohndumping und für einen effizienten Arbeitseinsatz. Das Geld ist vorhanden. Es muss nur gerechter verteilt werden. 

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