Mütter, hört die SVP-Signale!

Anita Fetz, Ständerätin BS, Vizepräsidentin der SP-Bundeshausfraktion

Anita Fetz, Ständerätin BS, Vizepräsidentin der SP-Bundeshausfraktion
Die Familieninitiative ist ein trojanisches Pferd. Sie gibt vor, Familien die Wahl zwischen verschiedenen Modellen zu ermöglichen. Nur: Die SVP-Familieninitiative wird genau diese Wahlfreiheit einschränken, weil sich Erwerbsarbeit für Mütter nicht mehr lohnt. Will eine Mutter noch erwerbstätig sein, wird sie unter dem Strich künftig dafür bezahlen müssen.

Erwerbstätige Mütter, hört die SVP-Signale! Denn Ihr seid privilegiert. Unanständig privilegiert, pfui! Staatsschädlich privilegiert, doppelpfui! Weil: Wer als Mutter einer Erwerbsarbeit nachgeht, kann schamlos Steuern sparen, schamlos! Wer als Mutter die Kinder dagegen zuhause betreut, wird steuerlich unerhört geschröpft. Weg mit dieser ungerechten Privilegierung! Gleichheit für alle Mütter!

So schalmeit es derzeit landauf, landab. Die Wahrheit ist, wie immer, deutlich prosaischer und sogar stossend: Wer heute als Mutter einer Erwerbstätigkeit nachgeht, ist auf eine familienexterne Kinderbetreuung angewiesen. Die kostet. In aller Regel viel. Das geht vom Lohn ab. Und kann deshalb bis zu einem bestimmten Betrag von den Steuern abgezogen werden. Lange genug hat es gedauert, bis das möglich war und diese Benachteiligung erwerbstätiger Mütter wenigstens ein Stück weit korrigiert wurde.

Und doch resultiert für diese Mütter auch heute noch unter dem Strich ein Grenzsteuersatz von bis zu 90 Prozent, wie Avenir Suisse vorgerechnet hat: Von einem verdienten Franken bleiben der erwerbstätigen Mutter in ungünstigen Fällen nur 10 Rappen. Rechnete man auch noch den gemeinnützigen und genossenschaftlichen Wohnungsbau ein, «so würden Arbeit und Leistung definitiv zum Verlustgeschäft». Übersetzt: Die Mutter zahlt drauf, damit sie arbeiten gehen darf. So sieht die «Privilegierung» erwerbstätiger Mütter heute aus.

Diese vermeintliche Bevorzugung will die SVP-Familieninitiative abschaffen. Andere argumentieren damit, dass Mütter selbst entscheiden sollen, ob sie erwerbstätig werden wollen oder nicht. Finde ich selbstverständlich auch. Nur: Die SVP-Familieninitiative wird genau diese Wahlfreiheit einschränken, weil sich Erwerbsarbeit für Mütter nicht mehr lohnt. Will eine Mutter noch erwerbstätig sein, wird sie unter dem Strich künftig dafür bezahlen müssen.

Das besonders Verlogene an der Initiative: Für die Initianten und ihre Helfershelferinnen gilt die Belohnung der Mutter zuhause nur solange, wie sie sowohl am Herd als auch in der Ehe bleibt. Denn läuft der Mann weg oder lässt die Frau sich scheiden, sieht das ganz anders aus: Dann sollen die Mütter möglichst rasch unprivilegiert arbeiten gehen. Damit der geschiedene Mann möglichst rasch keinen Unterhalt mehr für die bisher belohnte Mutter bezahlen muss (ein solcher SVP-Vorstoss ist bereits eingereicht). Und das, obwohl diese Mütter dann schon lange keine Erfahrung im Arbeitsmarkt mehr haben. Einem Arbeitsmarkt, der seinen Bedarf wegen der demographischen Entwicklung mit ausländischen Arbeitskräften decken muss anstatt mit eigentlich gut qualifizierten Schweizer Frauen, für deren Ausbildung der Staat zurecht Millionen und Milliarden ausgibt.

Kosten wird diese Übung in einem ersten Schritt etwa 1,4 Milliarden Franken – in Form von Steuerausfällen für Bund und Kantone. Wer bezahlt das? Alle Steuerzahlenden, die nicht in den Genuss dieses Steuerabzugs kommen. Also auch die angeblich privilegierten erwerbstätigen Mütter, die noch mehr zur Kasse gebeten werden. Sofern nicht einfach staatliche Ausgaben im gleichen Umfang zusammengestrichen werden. Das werden nicht in erster Linie Strassenunterhaltsbeiträge sein, sondern Sozialausgaben – etwa bei Krankenkassenvergünstigungen, auch für erwerbstätige Mütter und ihre Kinder.

Kurz und schlecht: Die Initiative ist eine hübsche, glitzernde Geschenkpackung. In Pastelltönen, appetitlich wie Festtagstische in Weihnachtsprospekten aus den 50er-Jahren. Aber anstatt Tischlein-deck-Dich wird es beim Auspacken für Mütter heissen: Knüppel aus dem Sack. Ob sie es rechtzeitig merken?
 

Gastbeitrag im Schweiz-Teil der „Zeit“ vom 24. Oktober 2013

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